Die Geschichte des
Tierschutzverein Ludwigsburg e.V.

Am 27. April 1939 wurde, so steht es im Auszug des Registergerichts am Amtsgericht Ludwigsburg, „die Satzung des Tierschutzvereins Ludwigsburgs errichtet“. Setzt man dieses Datum mit der Gründung des Vereins gleich, dann feiert der Tierschutzverein Ludwigsburg e.V. im Jahr 2014 seinen 75. Geburtstag. Wie der Verein damals hieß, wissen wir nicht. Den Namen Tierschutzverein Ludwigsburg e.V. trägt der Verein erst seit 1999. Zuvor schleppte er 36 Jahre lang ein Wortungetüm als Namen mit sich herum, das auf keinen Briefkopf passt.

Namensbandwurm

Am 13. Oktober 1963 bestimmte nämlich die Mitgliederversammlung, der Verein solle folgenden Namen tragen: Deutscher Tierschutzbund (Landesverband Baden/Württemberg) Orts- und Kreisverband Ludwigsburg e.V.
Erster Vorsitzender war damals der Ludwigsburger Generalvertreter Guntram Schleusinger, sein Stellvertreter war der Regierungsamtmann a.D. Richard Klemm.

Zu dieser Zeit betrieb der Verein bereits ein Tierheim, nicht in Hoheneck am Kugelberg, sondern in Eglosheim, nahe der heutigen Kleintiersammelstelle. Das Tierheim auf dem alten Steinbruchgelände am Kugelberg wurde erst Anfang der 1970er Jahre errichtet. Tatkräftig mitgeholfen haben die amerikanischen Streitkräfte, die in Ludwigsburg stationiert waren.

 

1990: Jahr der Turbulenzen

Große Turbulenzen musste der Verein im Jahr 1990 überstehen. Am 20. Juni 1990 übernahm Hermine Rommel das Amt der 1. Vorsitzenden – zunächst kommissarisch, die Vorstandschaft und der Ausschuss waren zurückgetreten. Der Verein stand am Rande der Zahlungsunfähigkeit, die Zukunft des Tierheims, das vom Tierschutzverein Ludwigsburg e.V. betrieben wird, war ungewiss. Mit großem Einsatz und viel Geschick in Verhandlungen mit der Stadt Ludwigsburg, den Gemeinden des Landkreises Ludwigsburg und des Rems-Murr Kreises sowie der Kreissparkasse Ludwigsburg gelang es, die Finanzen und die Zuwendungen aus der öffentlichen Hand neu zu ordnen.
Die Verträge, die bis 1990 die öffentlichen Zuwendungen regelten, stammten zum Teil noch aus den frühen 1970er Jahren. Sie waren schon lange nicht mehr zeitgemäß und den Aufgaben des Vereins angemessen. Das Fortbestehen des Vereins und des Tierheims konnte gesichert werden, der Verein kam wieder in ruhigere Fahrwasser.

 

Zentral-Tierheim im Landkreis Ludwigsburg

Weitaus bekannter als der Verein ist das Tierheim Ludwigsburg, offizieller Name „Zentraltierheim Franz von Assisi“. Seit über 40 Jahren  beherbergt es in Ludwigsburg-Hoheneck Hunde, Katzen, Vögel, Kaninchen, Meerschweinchen und vieles mehr. 1985 änderte sich die Haltungsform der Hunde schlagartig.
Die heutige Tierheimleiterin Ursula Gericke begann in Ludwigsburg als Tierpflegerin und eine ihrer ersten Amtshandlungen war, viele der Zwingertüren morgens zu öffnen und die Hunde frei auf dem Gelände laufen zu lassen. Schluss mit Einzelhaft. Zu dieser Zeit wurden Tierheimbesucher stets von einer ganzen Horde an Hunden auf dem Hof begrüßt. Des Weiteren wurden in den Freiläufen Hundegruppen eingerichtet. Das Tierheim Ludwigsburg war somit eines der ersten Tierheime in Deutschland, das die Gruppenhaltung von Hunden umsetzte.

 

Vieles umgestaltet

Stand man in den 1980er Jahren vor dem Katzenhaus gegenüber dem Büro, blickte man auf drei Freiläufe. Der Boden der Freiläufe war nach Regen und im Winter immer matschig, die Freiläufe wurden von einem wackeligen Maschendrahtzaun umfasst. Wo heute der Sommerzwinger steht, war eine offene Zwingeranlage. Sie bestand aus mehreren Reihen von Hundefreiläufen, einige Freiläufe ebenfalls mit gewachsenem Boden, der im Winter mit Stroh bedeckt werden musste – wegen des Matsches. Kleintierhaus und Katzenquarantäne gab es nicht. Im Vergleich zu heute, waren die baulichen Verhältnisse wesentlich schwieriger. Die Wasserleitungen froren im Winter immer wieder ein, am damaligen Sommerzwinger gab es keinen Anschluss an die Kanalisation. Doch für viele der Tierheimtiere war das, was sie im Tierheim vorfanden, allemal besser als das, was sie vorher ertragen mussten.

Blumenfresser mit vier Hufen

Auf dem Hof bewegte sich Mitte der 1980er Jahre, mitten unter den Hunden, auch ein Pferd – Pfeffer. Es war friedfertig, aber gefräßig. Die Tierheimleiterin zu dieser Zeit, Traude Wiederhold, unternahm eines Sommers den Versuch, das Bürohaus ein wenig zu begrünen, indem sie Blumenkästen an den Fenstern anbringen ließ. Pfeffer setzte dem Begrünungsprojekt ein jähes Ende, indem er alles Grünzeug wegfraß. Das war’s dann gewesen mit Blumenschmuck am Tierheimbüro.

Neue Gäste: Herdenschutzhunde

In den späten 1980er/frühen 1990er Jahren sah sich die Tierheimbelegschaft immer häufiger mit einer Sorte Hund konfrontiert, die ganz eigene Auffassungen von Selbstbewusstsein und Wachsamkeit haben: Herdenschutzhunde. Den Anfang machte die Sarplaninac-Hündin Lola. Wild bellend und zähnezeigend präsentierte sie sich während ihrer ersten Tage im Tierheim. Doch dann zog einer der Tierpfleger kurzerhand eines Abends mit seinem Schlafsack bei ihr im Zwinger ein. Er legte sich hin und übernachtete bei der „wilden Lola“. Derart überrumpelt legte Lola ihr distanzsicherndes Droh-Verhalten ab, wandelte sich zur freundlichen Hündin und konnte einige Zeit später vermittelt werden. Viele Herdenschutzhunde folgten – bis zum heutigen Tag. Einen zweibeinigen Schlafgast musste allerdings keiner mehr im Zwinger dulden. Vielleicht wäre dieser kontaktbahnende Therapieansatz mal wieder eine Überlegung wert.

Amtlicher Einspruch gegen Artenvielfalt

Hunde, Katzen, Vögel, Degus, Schildkröten und vieles mehr. Im Tierheim herrscht Artenvielfalt. Ende November 1993 kam jedoch etwas Unruhe auf beim Amt für öffentliche Ordnung Ludwigsburg. Der zuständige Amtstierarzt vom Veterinäramt Ludwigsburg hatte dem Tierheim einen Besuch abgestattet und festgestellt, dass im Tierheim auch Esel und insbesondere ein Schwein untergebracht waren. „Das könne auf keinen Fall genehmigt werden“, mutmaßte der veterinärbehördliche Amtsträger und meldete sowohl seine Beobachtung als auch seine Bewertung diensteifrig der Stadt. Das Amt für Öffentliche Ordnung nahm sich des Vorgangs an und teilte schriftlich mit, dass „die Haltung eines Schweins, aber auch die von Eseln, durch die tierschutzrechtliche Erlaubnis nicht abgedeckt sei.“ Die Haltung dieser Tiere bedürfe „einer Erlaubnis, die nicht beantragt worden sei“.

Anna darf bleiben

Sollte Schwein Anna womöglich behördliche Unbill widerfahren? Nein, alles wurde gut. Das Amt betonte ausdrücklich, „dass es keinesfalls in unserem Interesse liegt, dass das Schwein getötet wird. Aus diesem Grunde wird die Haltung … von uns gegenwärtig geduldet.“ Alle waren zufrieden mit diesem Bescheid. Vor allem Schwein Anna. Sie durfte also auch weiterhin jeden Tag zur Fütterungszeit ihren ganz eigenen Kampf mit den Tierpflegern ausfechten, indem sie am Spätnachmittag mit aller Macht Zugang zur Futterküche einforderte.

Glückwunsch: 75 Jahre erfolgreich im Tierschutz

Vieles hat sich in den Jahren entwickelt, weiterentwickelt, gewandelt. Manches ist geblieben. Die Freigängerkatzen haben noch immer ihr verkehrsberuhigtes Domizil in der alten Scheune auf dem hinteren Hof. Der Tierschutzverein Ludwigsburg ist noch immer, vielleicht mehr denn je, ein wichtiger Partner für Städte, Gemeinden, Tierfreunde und Tierschützer – und ganz besonders für Tiere, die in Not geraten sind.

Dass der Tierschutzverein Ludwigsburg und sein Tierheim diesen langen Weg gehen, Probleme lösen, schwierige Zeiten meistern und vielen Tieren eine Zuhause, den notwendigen Schutz und eine Zukunft geben konnten, dazu kann man gratulieren. Viel wichtiger als gratulieren ist aber, all jenen Danke zu sagen, die den Verein und das Tierheim unterstützt haben und noch heute unterstützen. Dieser Dank gilt allen Ehrenamtlichen, allen Angestellten, allen Gönnern und Förderern. Ohne deren Engagement wäre der Tierschutzverein Ludwigsburg heute nicht einer der größten in Baden-Württemberg und das Tierheim Ludwigsburg nicht eines der ganz bekannten und vielerorts geschätzten Tierheime in Deutschland.